
Oh, oh, oh, dieses Buch greift mitten hinein, ins Wespennest! In die Wunde. Mutter sein heute und Schuldgefühle gehören fast schon zusammen. Buchstäblich alle Eltern, die wegen eines Problems mit ihrem Kind zu mir kommen, haben enorme Schuldgefühle. Und auch solche deren Kinder völlig unproblematisch sind, haben Schuldgefühle.
Zum Beispiel weil sie zu wenig Zeit mit ihrem Kind verbringen,
weil die Morgenroutinen zu hektisch sind,
weil sie ausgerastet sind und ihr Kind angeschrien haben
weil sie die Zeit mit ihrem Kind nicht richtig genießen können
weil sie nicht häufig genug gesund kochen,
weil es ihnen offenbar nicht gelingt, ihr Kind zu einem konzentrierten Arbeiten an Hausaufgaben zu bewegen, ....
Ich möchte dich hier mitnehmen in den Weg, den Silke Plagge und Béa Beste zum Umgang mit Schuldgefühlen und aus den Schuldgefühlen heraus zeigen.
Woher aber kommen, die Schuldgefühle?
Schuldig wird, wer Gesetzte übertritt. Im Falle von Schuldgefühlen sind es sozusagen innere Gesetze, die oft selbst aufgestellt sind. Wie zum Beispiel:
Wenn du dein Kind liebst, dann musst du alles dafür tun, damit es glücklich ist.
Oder: "Wenn du dein Kind liebst, dann musst du dafür sorgen, dass es eine wunderschöne Kindheit hat." Oder: "Ich habe mich als Kind nicht gesehen gefühlt, und leide heute noch darunter: darum will ich mein Kind immer sehen und anerkennen." Viele unterschreiben das sofort. Obwohl auch klar ist, dass sie damit die Schuldgefühle abonnieren. Kinder sind einfach nicht immer glücklich. So wie andere Menschen auch. Und da Mütter auch Menschen sind, können sie nicht immer offen sein für ihre Kinder, immer positiv, immer aufmerksam und liebevoll. Oft stecken auch auch Glaubenssätze wie: "(Nur) wenn ich alles perfekt mache, wird alles gut", hinter den Schuldgefühlen.
Klar machen die ein schlechtes Gewissen. Und so individuell wie diese Sätze für jeden einzelnen sind, so individuell ist ihr Tonfall, der bedrohlich, hysterisch oder auch sachlich sein kann. Toller Vorschlag der Autorinnen ist, dem Gewissen einen Namen zu geben. Es sozusagen zu personifizieren. Dadurch wird es zu einem Gegenüber, mit dem du in Dialog gehen kanst. Und wenn es ein Gegenüber ist, dann ist es nicht mehr "Ich". Dann ist es nicht mehr ganz tief in mir drin, sondern ich kann es anschauen und von außen betrachten. Und damit eben auch leichter kontra geben.
Zu dem Von-außen-Betrachten gehört dann auch, nachzufragen: Wo kommt dieser Glaubenssatz her? Von meinem Eltern? Und vor allem: so mit etwas Abstand betrachtet: Glaube ich das wirklich? So zu hundert Prozent? Oder weiß ich eigentlich genau, dass dieser Perfektionismus tödlich ist. Dass manchmal weniger viel mehr ist? Dass der Spaß und die Lebensfreude eben auf der Strecke bleiben, wenn ich alles perfekt machen möchte.
Was kannst du gegen Schuldgefühle tun?
Hast du also Schuldgefühle, weil du gegen ein inneres Gesetz verstoßen hast, dann hilft der innere Dreisprung.
Annehmen des schlechten Gewissens.
Nach dem Motto: nun gut, mein schlechtes Gewissen zeigt mir wo ich gegen meine eigenen Regeln und Wertvorstellungen verstoße. So wird das schlechte Gewissen vom verstörenden feindlichen Begleiter zu einem Freund, der zeigt wo ich vom Weg abweiche und zum Wegweiser.
Anerkennen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das gehört zum Menschsein dazu. Jeder macht Fehler. Wichtig ist, sich dafür zu entschuldigen, wenn das Sinn macht. Zum Beispiel ist es wirklich nicht gut, sein Kind anzuschreien. Aber man kann dem Kind erklären, warum das passiert ist und warum es nicht die Schuld des Kindes ist. Wie du zum Beispiel die Folgen von Schreien "reparieren" kannst, hab ich hier im Podcast erklärt.
Ja und in Schritt 3 kannst du dir überlegen, wie es dazu kommen konnte. Denn die Verantwortung dafür liegt bei dir. Entweder war die Regel/das Gesetz zu streng gefasst und du hast etwas von dir verlangt, was du gar nicht erfüllen konntest. Oder du warst vielleicht zu müde, zu gestresst, zu angespannt und hast dir zu viel Druck gemacht. Dann kann es schon mal passieren, dass eine Kleinigkeit zur Explosion führt.
Diese Reflexion allein kann dein Gewissen ungemein entlasten.
Der Weg weg von den Schuldgefühlen führt über die Gelassenheit.
Noch viel besser allerdings ist es, wenn es dir an dieser Stelle gelingt, dich vom Perfektionismus zu verabschieden und stattdessen die Gelassenheit zu begrüßen.
Aber wie kann man Gelassenheit finden? 7 geniale "Zauberideen zum Thema Gelassenheit" haben Plagge und Beste eingetütet. Von der Let-Go-Liste (anstatt einer im Hintergrund dräuenden To-Do-Liste) bis zum Kuscheltier-Kurierdienst - allesamt praktikabel und für Eltern wie Kinder attraktiv. Einfach reinschauen, ausprobieren und im Notfall variieren.
Trotzdem bleiben häufig so Trigger übrig, gegen die auf dieser Ebene kein Kraut gewachsen scheint. Die Gelassenheit bröckelt schnell, wenn (bei manchen Eltern) etwa Essen durch die Gegend fliegt, Schimpfwörter gesagt werden, oder starke und heftige Gefühle ins Spiel kommen. Falls es deinem Kind also trotzdem immer noch gelingt dich so zu triggern, dass du aus der Haut fährst, dann schau gerne mal in meinem Onlinkurs für mehr Gelassenheit vorbei. Da gehen wir nämlich noch etwas tiefer und schauen auf deine eigene Erfahrung etwa mit Führung und Macht, mit Freiheit und Regeln, und in wie genau diese Erfahrung jetzt dein Kind prägt.
Was aber, wenn dein Kind dich immer wieder triggert, so dass einfach nichts hilft. Du rastest aus und hast hinterher Schuldgefühle? Echte Gelassenheit - nicht nur Lächeln mit zusammen gebissenen Zähnen, wäre was, oder? In meinen Onlinekurs "Fels in der Brandung - bei Ebbe und Flut" gehen wir genau diesen Weg. In vier Wochen, mit vielen Übungen und Anregungen führe ich dich Schritt für Schritt hin zu mehr echter Gelassenheit im Alltag - egal wie hoch die Wellen schlagen. Dabei schauen wir auch auf deine Glaubenssätze, die dir so einen Druck machen, dass du eben manchmal explodierst.
Die beiden Autorinnen schlagen vor, dem Hang zum Perfektionismus durch Reflektieren beizukommen: Erkennen, dass Perfektionismus nicht erreichbar ist. Der Anspruch einer Art "Heiligen" gleichzukommen, führt zu einer immer größeren Rastlosigkeit. Und wen wundert es da, dass auch viele Kinder sich von dieser Rastlosigkeit anstecken lassen oder dagegen rebellieren, ohne zu wissen, gegen was sie sich genau auflehnen.
Schlechtes Gewissen als Kompass
Auch hier gilt: Sei du selbst die Lösung, die du dir für deine Familie oder deine Kinder ersehnst: lerne selbst Gelassenheit, lerne dich zu lieben so so wie du bist. Lerne pragmatisch zu sein. Die positiven wie negativen Gefühle als Kompass zu nutzen und unterschiedliche Wege zu finden, die zum erwünschten Ziel führen, ist der Vorschlag von Plagge und Beste. Mir gefällt die Idee, die das schlechte Gewissen als Kompass zu nutzen besonders gut.
Sind einem diese Zusammenhänge zwischen total überzogenem Mutterbild, überhöhten eigenen Ansprüchen bis hin zum Perfektionsmus als Ursache für die Verwechslung von "Ich trage Verantwortung" und "ich bin für alles verantwortlich", klar, dann fällt sofort eine Riesenlast von deinen Schultern. Fehlt nur noch die Umsetzung.
Und der widmet sich der zweite Teil des Buches.
Wieso Schuldgefühle nicht gut sind
Aber warum ist Eltern sein ohne Schuldgefühle überhaupt wichtig? Manchmal begegne ich Eltern, die sich damit abgefunden haben. "Ich bin eben verantwortlich für ihre Kindheit", sagen sie und es ist mir schon klar, dass es niemals wirklich perfekt laufen wird. Daher habe ich mich damit abgefunden, dass ich immer Schuldgefühle haben werde. Und ich nehme sie als ein Zeichen, dass ich meine Aufgabe ernst nehme." Bis auf die Schuldgefühle ist dem auch nichts entgegenzusetzen. Aber Verantwortung für jemanden zu übernehmen heißt nicht, dass du für alles verantwortlich bist, was dein Kind erlebt und wie es das erlebt. Selbst kleine Kinder sind nicht so "formbar", wie wir manchmal annehmen. Sie bringen eine bestimmte Persönlichkeit mit. Auch diese Unterscheidung habe ich bei den Autorinnen erstmals so klar formuliert gesehen. Und ich finde das ist ein Augenöffner.
Allerdings färben die eigenen Schuldgefühle auf die Kinder ab. Die haben nämlich, ob sie es selbst ausdrücken können oder nicht, feine Antennen dafür, wie es ihren Eltern geht. Und wenn ihre Eltern von Schuldgefühlen geplagt sind, nie wirklich entspannen und loslassen können, dann beziehen Kinder das in der Regel auf sich. "Mama oder Papa sind unglücklich, weil ich nicht so bin, wie ich sein sollte", heißt das für sie. "Sie sind mit mir nicht glücklich". Glückliche Eltern stecken ihre Kinder mit ihrem Glück an. "Meine Eltern sind glücklich, also ist die Welt in Ordnung, so wie sie ist. Und ich auch." Das entspannt. Das macht dein Kind gelassen. Das nimmt ihm den Anreiz zu rebellieren (jedenfalls etwas). Und nimmt vielen Konflikten die Explosivität. (Ich habe das in der Podcastfolge: Glückliche Eltern - glückliche Kinder und im Blogbeitrag: "Stell dir vor, deine Eltern wären glücklich gewesen ... " genauer analysiert. Schuldgefühle erhöhen den Stress. Sie setzen Spiralen in Gang, die zu weiteren Schuldgefühlen führen.
Wie Eltern sein ohne Schuldgefühle gelingt und das Leben leichter wird
Der Schlüssel zu einem Eltern sein ohne Schuldgefühle liegt also zunächst in der Einsicht, dass alle Familien, alle Eltern, alle Kinder einzigartig sind. Dass daher das Vergleichen gar keinen Sinn macht. Und es auch keine für alle gültiges "Richtig" oder "Falsch" geben kann. Was in einer Familie richtig und gut ist, das kann in einer anderen Familie nicht funktionieren. In dem Sinn gibt es eben auch keine Vergleichbarkeit und kein "perfekt". Es gibt nur das, was sich in deiner Familie richtig anfühlt. Was umsetzbar ist - mit euren Persönlichkeiten, mit euren jeweiligen Geschichten.
Und damit öffnet sich die Tür zu jeder Menge spielerischer und kreativer Möglichkeiten mit den "Schuldfallen" umzugehen:
Pagmatische und Gelassenheit fördernde Vorschläge wie "du deinen Weg mit deinen Lösungen" findest, gibt es in "Eltern sein ohne Schuldgefühle" zum Thema
"Ihre Kindheit ist dein Alltag", der für ein schlechtes Gewissen sorgt, wenn du nicht ständig "Marmeladenglasmomente" (=Erinnerungsschätze) schaffst.
stressfreier Start in den Tag. - Mit viel Humor und Mut zur Lücke (Kinder zur Not eben im Schlafanzug in die Kita bringen) oder Ideen für ein Ratzifatzi - Frühstück.
Mediennutzung
Wutanfall und Kooperieren - warum es wichtig ist, auch mal ein Weinen zu ertragen und nicht immer alle Hindenisse aus dem Weg zu räumen.
Also kurz ohne Schuldgefühle (oder mit nur ganz wenigen) ist das Leben definitiv leichter. Macht mehr Spaß. Öffnet die Türen zu mehr kreativer Leichtigkeit. Und gibt deinem Kind das Gefühl nicht für deine Schuldgefühle verantwortlich zu sein. Es kommt eine andere Spirale in Gang: wir tun uns gegenseitig gut. Wir machen es uns gegenseitig leicht:
Wir erlauben uns unser eigenes Leben zu leben - eines das ganz genau zu uns passt.
Also ganz große Leseempfehlung. Schau mal rein. Lass dich inspirieren.
Und eine tolle Ergänzung dazu ist der "Fels in der Brandung" - mein vier-Wochen-Online Kurs für mehr Gelassenheit im Alltag mit Kindern.
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